Die Via Francigena zeigte heute ihre hässliche Seite. Aber der
Reihe nach.
Noch ein Bild vom Aufenthaltsraum der Unterkunft. Der
Deutsche ging gegen halb sechs los.
Es regnete die ganze Nacht. Auch am Morgen noch. Ich ging in
die Bar neben der Kirche zum Frühstück. Alle sagten, es würde den ganzen Tag
regnen. Das Internet sagte, dass es besser werden würde. Gegen 09:00 Uhr hörte
der Regen auf und ich ging etwa zeitgleich mit Regis und Lulu los. Die
Niederösterreicherin blieb einen Tag länger. Üblicherweise darf man nur eine
Nacht bleiben, es gibt aber auch Ausnahmen.
Vorher kaufte ich noch in einer Bäckerei dieser sehr
romantischen Ortschaft ein Brot und in einer Metzgerei ließ ich mir den
Prosciutto reingeben.
Es ist nicht so, dass man als Pilger immer freudig begrüßt
wird. Man wird auch oft links liegengelassen. Aber es gibt immer wieder sehr
freundliche Begegnungen. Radicofani viel mir besonders positiv auf. Man wird
auch nicht in allen Fällen zurückgegrüßt. Aber das Grüßen habe ich mir zur
Angewohnheit gemacht und geschadet hat es bislang noch nicht.
Radicofani war in Wolken verhüllt. Etwas später war der
Blick frei. Die dunklen Regenwolken waren ziemlich nah. Ich war jedenfalls für
leichten Regen gerüstet. Die Aufrüstung auf Starkregen war griffbereit. Soviel
kann ich aber sagen, es kam kein einziger Tropfen mehr runter.
Radicofani wurde im Hintergrund mit der Zeit wolkenfrei.
Die Zahnspangen waren früher etwas massiver.
Aus welcher Zeit stammt wohl dieser Wegweiser? Ergänzt mit jenen vergänglichen der heutigen Zeit.
Nach mehr als zwei Stunden langte ich an einer schönen
Raststation an. Da hat sich jemand die Arbeit angetan und den Platz mit
frischen Blumen geschmückt.
Am 15. Mai wurde eine Gedenkstätte zum 70. Jahrestag einer
Tragödie eröffnet. An der Ponte a Rigo haben alliierte Kräfte 1944 mehrere
Häuser zerbombt. Es starben etwa 10 Personen, Frauen und Kinder. Später starb
die Großmutter aus Schmerz vor dem großen Verlust (soweit ich es verstehen
konnte).
Gleich in der Nähe noch eine CD. Regis und Lulu trafen auch
ein. Ich bewundere die beiden. Sie sind etwa 70 Jahre alt, jeder trägt einen ca
15 kg schweren Rucksack. So sind sie aus Turin bis hierhergekommen und werden
es sicher auch nach Rom schaffen.
Dann folgte die schlechte Seite der VF. Es ging fast nur noch an der Via Cassia entlang. Neben
Schwerverkehr, die mit ca 80 km/h an mir vorbeibrausten. Diese Etappe war
einfach zu vergessen. Ich habe kein Problem beim Stadteingang und Stadtausgang
oder wenn sonst Orte betreten werden. Aber so viel wie heute war grausam. Die zuständigen Kommunen sind über die touristische Erschließung der
VF offensichtlich verschiedener Ansicht. Und hier lag das Interesse beinahe bei
Null.
Am Fluss Alvella verabschiedete ich mich von der Toskana.
Ich kam in das Latium. Ich brauchte ein wenig Überwindung. Denn es bedeutete auch, dass ich mich nun unweigerlich Rom und meinem letzten Drittel zuwendete, obwohl ich das Gefühl habe, erst noch am Anfang zu stehen.
Kurz durch eine Minidörfchen, dann gleich wieder auf die Via
Cassia hinaus. Proceno ließ ich rechts liegen.
Noch eine Pause. Der alte Ofen scheint hier nicht das einzig
Alte zu sein. Für eine Pause allemal gut genug. Kein Dolce! Dafür habe ich seit Jahren wieder eine
Coke getrunken. Aber Kalorien zähle ich hier sowieso nicht. In den Körper kommt
rein, was er verlangt.
Bei dieser Brücke hielt ich kurz inne. Da rüber? Wenn sich
in den 1- 2 Minuten zwei LKW begegnen, dann bleibt für mich kein Platz mehr. Die LKW’s kamen
glücklicherweise einzeln daher.
Dann noch ein paar Höhenmeter und rein nach Acquapendente.
Die VF mit Pferd? Jedenfalls nicht die heutige Etappe.
Das Hotel lag gleich am Ortseingang. Oberhalb der Pizzeria
sind die Zimmer. Viel Platz ist nicht, aber ich habe ja etwas Einfaches gesucht.
Handwäsche und dann ausruhen und die Aussicht genießen.
Es ist seltsam. Ich bin jeden Nachmittag froh, wenn ich im Zimmer
bin und mich ausruhen kann. Es geht aber nicht lange und es zieht mich wieder
raus. Ohne Rucksack ist das Gehen wirklich etwas Anderes.
Ich habe mir das Zentrum von Acquapendente angesehen und die
beiden Holländer wieder getroffen. Wir tranken an einer Piazza ein Bier. Die beiden sind heute von San Qurico d’Orcia mit dem Bus hierher
gefahren. Die beiden sind ein lustiges Paar. Ich bin mir sicher, dass ich sie
wiedersehen werde, vermutlich schon morgen in Bolsena.
Girolamo Fabrizio, ein berühmter Gelehrter der modernen Anatomie war ein Sohn Acquapendentes.
Das schmucke Rathaus. Manches Gemeindeamt in Vorarlberg könnte da schön neidisch werden.
Ich ging dann zurück in mein Hotel/Pizzeria/Ristorante/Bar. Ich
hatte ja Halbpension gebucht. Ich konnte mir aus der Karte aussuchen, was ich
wollte. Wie fast jeden Abend aß ich wieder Pasta mit einem Sugo aus
Wildschwein. Das ist so gut, da kann ich selbst schon fast zur Wildsau werden!
Dann noch eine Riesenpizza, wobei ich heute zum ersten Mal w.o. geben musste.
Ich konnte sie nicht fertig essen. Es war einfach zu viel. Stopp. Ein Cafe
passte gerade noch rein. Aber nun liege ich stöhnend im Bett und versuche euch
meine Erinnerungen näher zu bringen.
Am Anfang war ich der einzige Gast in dem 100-Plätze-Raum. Jetzt,
wenn ich nun im Zimmer bin, füllt sich das Lokal mit Einheimischen. Ich hab’s
schon mal gesagt, ein gutes Zeichen für die Küche. Dafür dürfte es lange laut
bleiben, aber das stört mich eigentlich nicht. Bin heute sehr gut drauf.
Ach ja, die beiden Franzosen, Regis und Lulu haben mir nun
schon mehrmals gesagt, dass ich einem bekanntem altem deutschem Schauspieler gleichen würde. Auf mein Stirnrunzeln
ergänzten sie sofort: „Als er noch jung gewesen sei.“ Ok. Das klingt schon
besser, aber wer ist dieser Peter Vanek? Ich habe noch nie was von dem gehört.
Die beiden sind mir richtig ans Herz gewachsen. Lulu grüßt
und verabschiedet mich, als wäre ich ihr Sohn und mit Regis könnte ich mich
stundenlang unterhalten, auch wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen. Er ist
so vielseitig, da kommt holländisch, flämisch, deutsch, französisch, englisch
und in erster Linie italienisch. Und nicht zu glauben, es geht wunderbar. Ich
denke, das liegt daran, dass man sehr offen sein muss für Sprachen und für das
Gegenüber. Er war sein ganzes Leben bei der französischen Marine. Daher hat er
viel gesehen und viel erlebt und ist ein Lausbub wie er im Buche steht. Entsprechend unterhaltsam sind seine Geschichten, bei denen er immer wieder von Lulu gestoßen wird, dass er sich zusammenreiße soll.
Der heutige Saluto speciale geht an…
Stefan. Ich habe das Gefühl, ich sollte dir heute für BR auf
die Schulter klopfen. Nicht locker lassen. Liebe Grüße aus Italien.
Hallo Andi, vielen Dank und genieße deine Reise. Wenn du wieder da bist gibts bei mir auf der Terrasse einen Cappuccino falls du dann Entzugserscheinungen hast . LG Stefan
AntwortenLöschenHallo, Pilger, wir sind gerade von unserem 6. Abschnitt VF zurück, es ging von Fidenza bis nach Buonconvento, wir haben uns wohl um einen Tag verfehlt. Werde Deinen blog weiterverfolgen. Solltest Du Lothar oder Günther begegnen, grüß sie recht herzlich von uns.
AntwortenLöschenKerstin und Hans-Jürgen
www.zu-Fuss.blogspot.com (einige Fotos sind mit Deinen identisch)
Den Gruß werde ich natürlich ausrichten. Alles Gute.
LöschenAndi
Hallo Kerstin und Hans-Jürgen
LöschenJemand kurz vor mir hat einen Deckel für ein Objektiv verloren. Das werdet nicht ihr gewesen sein? Ich habe ihn mit.
Nein, Du bist ja vor uns, aber Danke für die Umsicht.
LöschenSehr tolle Fotos. Könntest Du uns mal kontaktieren, wenn Du zurück bist ? Wegen der Unterkünfte und die lange Strecke nach Radicofani.
Complimenti und buon Camino, alles Gute !
Kerstin und Hans-Jürgen
www.zu-Fuss.blogspot.com
hier ist Dir noch jemand auf den Fersen:
www.opapilgertwieder.jimdo
Deine Stimmung scheint auf dem Höhepunkt zu sein. Das lesen wir gerne.Was denn? Nur noch ein Drittel? Dass das Lesen des Blog mal ein Ende haben wird, bedauern wir jetzt schon.
AntwortenLöschenTolles Schneckenfoto...
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