Mittwoch, 28. Mai 2014

28.5.2014 – Tag 18 – Von Viterbo nach Vetralla

Link zu Routenflug mit Google-Earth: Von Viterbo nach Vetralla

Nix wie weg!
Irgendwie ließ mich die Wäscheleine heute Nacht nicht los. Gegen 03.00 Uhr hörte ich meine Zimmernachbarin. Ich schaute aus dem Fenster und da war nur noch meine Wäsche draußen. Warum sammelt die ihre Wäsche mitten in der Nacht ein? Ich habe meine Sachen dann sicherheitshalber auch ins Zimmer verfrachtet. Wäre doch blöd, wenn in der Früh alles weg wäre.
Am Morgen staunte ich nicht schlecht, als am Frühstückstisch ein junger Mann saß. Er kommt aus Kanada und macht eine vierwöchige Europatour. Von ihm wurde ich zum ersten Mal auf meiner Wanderung nach meinem Beruf gefragt. Unter den Pilgern wird diese Frage eigentlich nie gestellt.
Ich überlegte mir nochmal wie die Frauenunterwäsche auf die Leine rauf kam. Er wird doch nicht selbst…?
Da kam mir rasch der Gedanke, jetzt aber nix wie weg!
Vor der Haustür schaute ich nochmals hoch und stellte fest, dass ich dem armen Mann Unrecht getan hatte. Die Wäscheleine reichte nämlich auch bis zur Wohnung der Besitzer. Sorry.

Und meine Schuhe sahen wieder aus wie neu! Es stand einem Tanzabend heute also nichts mehr im Wege:-) Die VF heute war durchschnittlich schön. Es war natürlich auch Asphalt dabei, aber so gut wie kein Verkehr.

 
Die schnelle Version nach Rom.



 
Vorsicht vor dem Hund, vor dem Hausherrn und vor der ganzen Familie. Nix wie weg!

 
Glücklicherweise hatte ich einen Plan dabei. Die Markierung wäre hier nicht zu sehen gewesen. Ich wäre nie darauf gekommen, dass der Weg links an diesem Bild vorbeiführt. Mich würde interessieren, wie viele hier schon falsch gelaufen sind.
Ein Künstler hat 13 Glasbilder aus dem Leben Jesu angefertigt und entlang dieses schönen Wegstückes aufgestellt.


 
Plötzlich stand ein Mann in Frauenkleidern am Wegesrand. Was ist hier los im Latium? Nix wie weg!
 
Kurz darauf kam meine bislang unfreundlichste Hundebegegnung. Weit und breit kein Haus und kein Mensch und irgendwie etwas ungut. Ich überlegte gerade, dass es wohl nicht viele Frauen geben würde, die sich trauen würden, diesen Weg alleine zu gehen. Ich ging in die Unterführung der Autobahn hinein und plötzlich kamen zwei Hunde daher, die wild bellend auf mich zuliefen. Ich schaltete sofort auf Defcon 3 und nahm den griffbereiten Pfefferspray gleich zur Hand. Die Hunde umkreisten mich wie zwei Wölfe und bellten mich an. Dann griff ich zum Boden und tat so, als ob ich ihnen Steine nachwerfen würde. Es klappte schon wieder. Sie liefen weg, blieben am anderen Ende aber stehen und blickten mir ungläubig nach.


Hier noch ein Tipp. Ein Pilger hat mir gezeigt, dass er einen Pfefferspray im Rucksack hat. Ich habe meinen immer griffbereit in der Hose. Erstens für den Fall dass ich gerade den Rucksack irgendwo abgelegt habe. Und im Falle der Notwendigkeit besteht zweitens sowieso keine Zeit mehr das Ding aus dem Rucksack zu holen. Ein Pfefferspray muss griffbereit an der Hose sein und sonst nirgends.

Jedenfalls schaute ich noch viele Male zurück und dachte mir, nix wie weg!


 
Eine Nachricht vom Kanadier Rik an Marc. Marc war also noch nicht hier. Vielleicht ist er später los oder er hat doch den anderen Weg genommen.

Alles klar?

 



 
Die Oliven brauchen auch noch ihre Zeit.


 
Eine ordentliche Ansammlung an Briefkästen. Soll für den Briefträger heißen: Da werden sie geholfen.
 

Meine Karte zeigte geradeaus. Aber Gigi wollte mich nach rechts überreden.

 
Ich suchte länger nach einem Pausenplatz. Die können auf diesem Weg manchmal wirklich schwer zu finden sein. Aber ich fand doch ein schönes Platzerl. Es zog  leider rasch zu, weswegen ich meine Pause kürzte. Vetralla kam bald in Sicht.



 
Ich habe sie schon vermisst die letzten Tage, die Kowalskis. Dieser Bursche hier konnte nur ein Wort sprechen. Er rief immer: „Bunga, bunga!“ Keine Ahnung was er damit meinte, aber ich nannte ihn Silvio Kowalski.

 
 
Mein Eintritt nach Vetralla war hässlich. Mein erster Eindruck – eine schmutzige Stadt. Ich fand rasch den Namen meines Hotels an diesem grässlichen Haus, gleichzeitig ein Restaurant und Bar. Na, da habe ich wohl zu sehr gespart. Also erst mal nix wie weg von hier und die Stadt durchstreifen.

Es war erst kurz nach eins. Zuerst nach rechts bis zum Rathaus. Interessant die große Uhr und die Glocken am Rathaus, obwohl direkt gegenüber die Kirche stand. Erinnerte mich ein bisschen an "Zurück in die Zukunft".

Irgendwie alles schmutzig. Dann in die Gegenrichtung nach links, irgendwie alles schmutzig. In einer viel zu modernen Bar für diesen Ort nahm ich als einziger Gast mein CD von einer unfreundlichen jungen Bedienung entgegen. Meine Begrüßungen während des Spazierganges durch Vetralla fielen überhaupt nur auf wenig Gegenreaktionen. Macht das die Nähe zu Rom aus? Was für ein Unterschied zu damals, bei den freundlichen Menschen in Buonconvento!

Was habe ich mir an diesem Ort gedacht? Klar, die Nacht durchtauchen und dann nix wie weg!
Aber man sollte einem Ort auch eine zweite Chance geben.

Ich landete in einem kleinen Geschäft, weil ich einen neuen Kugelschreiber brauchte. Die Verkäuferin war sehr freundlich. Sie gab mir auch gleich eine Empfehlung für ein Lokal in der Nähe und meinte noch, dass es in Vetralla viele gute Speiselokale geben würde! Echt?
Ich ging zurück zum „Da Benedetta“. In der Bar telefonierte jemand nach einer Frau, die wegen meiner Reservierung in 2 Minuten hier sei. Die junge Frau kam mit einem jungen Mann in einem Auto daher. Ich war am falschen Ort. Das Restaurant gehört aber auch zu ihrer Familie. Sie fuhren mich mit dem Auto etwa 300 Meter weg, zu einem lieben kleinen Hotel. Ich habe ein großes Zimmer, ein großes Bad und sogar einen Balkon. Alles sehr sauber. Ich bin offensichtlich der einzige Gast.


Ich machte später noch einen Abendspaziergang und versuchte ein paar schöne Bilder aufzunehmen. Diese möchte ich hier veröffentlichen. Es bleibt aber dabei, Vetralla muss man nicht gesehen haben.



Die Chiesa San Francesco in der Abendsonne.


Ich vermute, dass es sich hier um die Via Cassia antica handelt.



Ein markanter Wehrturm, die Rocca di Vetralla, dürfte im Mittelpunkt der Stadt gestanden sein.



Was soll ich sagen? Ich ging heute Abend wirklich noch in das Lokal der Familie. Die Empfehlung der Verkäuferin war mir nun ein bisschen zu weit weg. Und vom Äußeren eines Lokales habe ich mich in den letzten zwei Wochen schon öfter täuschen lassen. Und so war es auch hier. Das Lokal machte innen einen sehr gepflegten Eindruck und wurde von Einheimischen recht gut besucht. Ich aß hausgemachte Pasta und dann ein Kaninchen mit gegrilltem Gemüse. Sie kochten nach Rezepten der Großmutter. Daher will ich mal verzeihen, dass sehr viele kleinzerhackte Knochen im Ragout zu finden waren. Wahrscheinlich hat schon die Großmutter das Kaninchen grob zerhackt, anstatt zerlegt. Ich würde sowohl das Hotel als auch das Lokal weiterempfehlen.

Der heutige Saluto speciale geht an …
Madeline. Liebe Grüße aus Italien. Auch an Christine, Gerhard und Lion.

2 Kommentare:

  1. Hoffentlich zeigt sich das Wetter bei den letzten Etappen von der schönen Seite, damit es ein unvergesslicher Abschluss wird. Kannst du dir schon vorstellen, dass der Weg bald ein Ende haben wird?

    P.S. Der Koffer ist heute um 4:15 in Fiana Romana (60 km süd-östlich von dir) in ein Zwischenlager eingerollt. Zustellung evtl. morgen - so hoffe ich.

    LG, Il tuo fratello

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  2. Hallo Armin
    Vielen Dank. Ich bin sehr froh darüber. Der Koffer ist in Rom schon angekommen. Hat super geklappt.
    Zum dritten Mal: Es heißt nur "tuo fratello". Liest du meine Antworten nicht? Frag mal nostra madre, sie sollte das auch wissen.
    Tanti Saluti
    Tuo fratello und schöne Grüße an tua moglie.

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