Freitag, 30. Mai 2014

30.5.2014 – Tag 20 – Von Sutri nach Campagnano

Link zu Routenflug mit Google-Earth: Von Sutri nach Campagnano

Das B&B von gestern, La Talee, darf ich künftigen Pilgern nochmal ans Herz legen. Ich war sehr zufrieden. Aber Taschenlampe mitnehmen, damit ihr nach dem Abendessen wieder zurückfindet.
Ich ging gegen 08.00 Uhr los. Es stand eine längere Etappe an. Aber zuerst stattete ich noch der Basilika Santa Maria Assunta einen Besuch ab.


 
Habe leider erfahren, dass mein Nachbar Hugo während meiner Abwesenheit verstorben ist. Ich habe ihm eine Kerze gewidmet.

 
Der Weg war heute wieder sehr schön. Es war mehr im sonnigen Bereich, gestern war viel Schatten. Aber ich gehe ganz gerne in der Sonne. Noch ist es nicht so heiß. Wobei die Italiener zur Zeit über das Wetter schimpfen, da es viel zu kalt sei. Speziell am Abend. Ich musste mich immer dick einpacken.
Es ging wieder mehrfach über Strade bianche. Die meisten Autofahrer fahren langsam vorbei. Die Meisten!

 
Es ging kurz an einer etwas befahrenen Straße entlang, da war ich froh, dass es diesen Seitenstreifen gab.
 

 
Ich kam an einer Golfschule vorbei und stärkte mich. Habe mir eine Ruhezeit von 30 min gegönnt. Dann auf und weiter.
 
Dann erst kam der richtige Golfplatz. So eine Größe hatte ich bislang auch noch nie gesehen und habe dem Platz daher zwei Bilder gewidmet. Aber wie so oft, kann ich die Eindrücke mit der Kamera nicht so einfangen, wie sie sich in der Realität darstellen.


 
Aber schon nach 30 min war ich in Monterosi. Also noch mal eine Stärkung. Sonst wird es unterwegs nichts mehr geben.

 
Neben der Autobahn ging es nur kurz.






 
Es hätte noch viele Motive gegeben. Aber mein Akku zeigte wieder das nahende Ende an. Und ich wollte jedenfalls noch von einer Stelle Bilder machen. Nämlich von hier. Von den Wasserfällen des Monte Gelato, die schon oft für Filmkulissen verwendet worden sind. Leider war der Weg dann abgesperrt, weil soeben wieder eine Filmszene gedreht wurde.

 
Und da ist mir das Unglaublichste in meinem bisherigen Leben passiert. Ich stand neben anderen Zuschauern eher am Rand und beobachtete das Spektakel, bei dem eigentlich nicht viel zu sehen war. Trotzdem waren ein paar Securities herum, die auf das gänzliche Fotografier-Verbot hinwiesen. Plötzlich kam eine Frau vom Set und fragte mich, ob ich die VF gehen würde (das sah man mir offensichtlich an). Sie meinte, dass sie schon viel darüber gelesen habe und auch so gerne den Weg gehen würde, aber sie könne nicht. Sie fragte mich darüber aus, wo ich gestartet sei, wie es mir gegangen sei und so Sachen eben. Sie wünschte mir nach weniger als 2 Minuten einen guten Weg, gab den anderen Zaungästen ein paar Autogramme und verschwand in ihrem Camper. Die Leute neben mir erzählten mir, dass ich besonderes Glück gehabt hätte. Das sei nämlich Monica Belucci gewesen! Was? Und ich habe sie nicht erkannt? Dabei stehe ich doch so auf ihren Film "Das Wunder von Malena". Unglaublich, ich war wie aus den Socken!
Und als ich gehen wollte, kam sie wieder zu mir zurück. Sie drückte mir eine Tasche in die Hand und meinte, dass ich sie erst in Campagnano aufmachen dürfe. Sie umarmte mich und wünschte mir viel Glück.

Ich nix wie los mit der Tasche in der Hand. Es war eine Leinentasche mit Druckknöpfen und ich konnte daher nicht reinsehen. Zu groß und zu schwer um bis nach Campagnano zu tragen.  Daher schaute ich, dass ich so schnell wie möglich von den Menschen wegkam. Bei erster Gelegenheit machte ich die Tasche auf. Und was war da drinnen? Knochen! Welche Knochen? Natürlich die Knochen von dem Bären, den ich euch soeben aufgebunden habe!

So, und für diejenigen, die jetzt nicht sauer auf mich sind, hier die wahre Geschichte.

Tatsächlich war es so, dass der Weg abgesperrt war, weil die Frösche zur Zeit den Weg passieren. Tut mir leid, das Leben ist im Grunde nun mal relativ simpel. Ich habe trotzdem ein paar Bilder hergebracht.


 
Eigentlich war es Zeit für eine Pause, aber ich fand zwischen den zwei Schulklassen und den verschiedenen Haufen Exkrementen keinen gescheiten Platz und ging wieder los. Das habe ich schon nach 5 Minuten bereut. Denn meine Füße signalisierten dringende Pause. Natürlich fand ich keinen ordentlichen Platz und marschierte bis Campagano durch. Ich stakste durch die Gegend und büßte für die oben angeführte Schandtat, die ich mir auf dem Weg überlegt hatte. Im Hotel habe ich nur den Rucksack abgestellt, bin sofort auf die Piazza und habe im Schatten ein großes Bier getrunken, das nullkommanix weg war. Ich wusste dann nur nicht, wie ich die 30 Meter zum Hotel  wieder zurücklegen sollte. Aber ich habe es dann doch geschafft.
Ich werde heute im Hotel essen, obwohl der Ort recht nett erscheint.

Irgendwie ist es komisch. Seit Siena treffe ich unterwegs keine Pilger. Aber Unterkünfte sind kaum aufzutreiben. Habe für morgen fast nichts gefunden. Nur in einem Hotel in einem kleinen Ort vor meinem geplanten Ziel.
Nun sind es nur noch zwei Etappen. Es passt jetzt für mich. Es war lange genug und irgendwann muss Schluss sein. Ich bin froh, dass ich diese Zeit hatte. Sonst könnte man das ganze Leben lang gehen.

Bis morgen
Andi

Der heutige Saluto speciale geht an…
Am heutigen Freitag an meine Herrenrunde mit Armin, Joe und Harry. Ich freue mich auf unser nächstes Treffen.

Donnerstag, 29. Mai 2014

29.5.2014 – Tag 19 – Von Vetralla nach Sutri


Link zu Routenflug mit Google-Earth: Von Vetralla nach Sutri
Ergänzungen um 23.00 Uhr vorgenommen.

Ich mach’s heute kurz. Es ist spät und ich habe Hunger. Bin ca 1 km außerhalb von Sutri.

Für den Cappuccino heute Morgen gab es einen Abzug in der B-Note. Ich habe eine zweite Tasse dankend abgelehnt und das will was heißen.
Es war ein überraschend schöner Weg heute. Durch Wiesen.

 
Anfänglich auch ziemlich lange durch einen Wald. Auch hier wurde auf die Wildscheinjagd am Donnerstag, Samstag und Sonntag hingewiesen. Ein Blick auf die Uhr: Wir haben heute Donnerstag? Die cinghiali werden doch nicht sauer auf mich sein, nur weil ich kaum mehr ein Abendessen ohne sie auskomme? Und die cacciatori werden doch gut genug sehen, oder? 

 


Es war wunderschön still im Wald. Ich hörte nur das Vogelgezwitscher und meine Schritte. So in etwa stellte ich mir immer Sherwood Forrest vor und wartete schon darauf dass Robin Hood herausspringt.
Und dann ging es lange Zeit an Haselnussplantagen vorbei. Aber wirklich lange. Außergewöhnlich. Das hatte ich weder erwartet, noch schon jemals gesehen.


 
Eine kleine Rast. Woher komme ich, wohin gehe ich?
Aus Österreich, nach Rom, basta. Nicht mehr und nicht weniger. Ich werde am Ende meiner Reise keine Fragen beantwortet haben. Wie auch? Ich hatte weder am Anfang noch jetzt irgendwelche Fragen. Ich wollte mich nur mental erholen, es scheint zu greifen.


 
Zwischen drinnen Ruinenreste, vermutlich vom früheren Kloster Orlando.


 
Es sieht langsam römisch aus.

 
Pause in Capranica. Irgendwie eine interessante Stadt.




 
Blick zurück nach Capranica.

 
Gestern habe ich mich noch erkundigt, was dieses "Bunga, bunga" heißen soll. Ich kenne mich jetzt da aus. Und als ich aus Capranica rauskam, fand ich rechts unter diesem Wegweiser wieder etwas Interessantes. Die Italiener sind so ein liebes Volk, immer nur amore, amore! Oder habe ich da was falsch verstanden?


Ein ziemlich zutraulicher Kowalski. Er scheint unter einem Gendefekt zu leiden.
 


Dann für mich überraschend. Über eine ganze Stunde einem wildromantischen Weg an einem Bach entlang. Fast schon spektakulär. Wild und urwüchsig. Aber bei Unwetter hätte ich da nicht gehen wollen, jedenfalls nicht alleine. Einmal ausrutschen, Beinbruch und dann? Regen, Wind, hohes Bachgewässer, eine Stunde weg von einer befahrenen Straße, etc.? Habe die Ehre, sagt da der Xiberger. Ich hoffe, dass meine Vorgeher, Yvonne oder Regis und Loulou, diesen Abschnitt nicht im Regen gehen mussten. Ich muss vielleicht dazu ergänzen, dass noch auf der asphaltierten Straße vor diesem Abschnitt gewarnt wurde. Er sei wegen umgefallener Bäume derzeit nicht begehbar. Aber davon ließ ich mich nicht abhalten. Die werden doch wohl zum umgehen sein. Aber sie waren inzwischen aus dem Weg gebracht worden.





 
Dann ein freies Feld. Von Weitem hörte ich kleine Glöckchen läuten. Es waren drei Pferde.

 
So dunkle Löcher gibt es mehrere auf dem Weg und die Feigen fielen schon fast auf den Kopf.

 
Ganz unvorbereitet stand ich auf einmal vor Sutri. Eine Stadt mit sehr viel Geschichte.

 
Eine will ich hier noch schnell loswerden. Heinrich III. wollte sich in Rom zum Kaiser krönen lassen. Zu dieser Zeit stritten aber drei Päpste um die Vorherrschaft. Heinrich ließ alle drei in sein Lager nach Sutri kommen. Es gelang ihm zwei Päpste zum Amtsverzicht zu überreden. Der dritte wurde von Heinrich in Rom ab- und durch Suidger aus Bamberg ersetzt. Am Weihnachtstag ließ sich Heinrich um Kaiser krönen. Er ließ keinen Zweifel darüber aus, dass geistige und weltliche Macht vereint gehören.
Immerhin gelang es Suitger und den nächsten 5 Päpsten, allesamt deutscher Abstammung, wieder Ordnung in die Kirche zu bringen, indem die Macht dem römischen Adel entrissen wurde. Das wiederum führte aber dazu, dass sich die Kirche vom Einfluss des Kaisers wieder entfernte. Das führte unweigerlich zum bekannten Investiturstreit, dem Vorrecht um die Amtseinsetzung der geistlichen Führer. Der Höhepunkt wurde mit dem Gang nach Canossa erreicht, indem sich ein anderer Heinrich barfuß und in Büßergewand vor der päpstlichen Festung demütigen lassen musste.
Im Ergebnis heißt das, dass die in „zivilisierten“ Ländern für selbstverständlich erachtete Trennung von geistlicher und weltlicher Macht, seinen Ursprung in Sutri fand.
Ich erledigte die Besichtigungstour sofort. Als erstes das Amphiteater, vermutlich aus dem letzten Jhdt vor Christus. Sehr beachtlich. Ca 50 Meter im Durchmesser und rundherum geht ein Tunnel.





 
Ein Besuch der Etruskergräber.

 
Dann durch die Stadt und in meine Unterkunft. Leider etwas außerhalb, ich habe aber eine riesige Wohnung für mich alleine. Schaut nach einem Tipp aus, in 10 min im Zentrum. B&B La Talee.

 
Am Abend, wie immer, in die Stadt, Abendessen nach einem Einheimischentipp.
Vorher noch ein gemütliches Bier auf der Piazza. Es ist seltsam, aber wenn ich am Abend dieses inzwischen zur Gewohnheit gewordene Piazza-Bier trinke, dann spüre ich förmlich, wie die Erholung direkt in meine Beine kribbelt. Ich traf dann noch 3 deutsche Pilger, die in Siena gestartet waren. Das eine Paar war schon in Monterosi, fand aber keine Unterkunft und musste daher mit dem Bus nach Sutri zurückfahren. Bin gespannt, ob wir uns noch treffen werden. Weil, seit Siena habe ich während des Weges nie mehr jemanden getroffen (außer meine zwei Franzosen).
Es ging in das L'Anfiteatro. Eine Empfehlung von mir! Zwei frittierte Reisbällchen (habe den Namen schon wieder vergessen), Spaghetti Vongole (ich wollte die Wildschweine nicht zu sehr herausfordern) und Crema catalana.

Der Rückweg gestaltet sich etwas schwierig. Ich wohne ja ca 1 km außerhalb von Sutri. Ich habe nicht darauf geachtet, dass es keine Straßenlampen gibt. Es war stockdunkel und die Stirnlampe in meinem Rucksack nützte mir nun auch nicht viel. Ich konnte die Straße teilweise nur noch erahnen. Bin aber angekommen, wie ihr nun merkt.

Morgen eine lange Etappe nach Campagnano. Habe nur schwer ein Zimmer dort bekommen und muss tief in die Tasche greifen. Dafür wieder ein Palazzo. Yeah!

CU

Der heutige Saluto speciale geht an…
Günther Mittringer für das 1+. Vielen Dank und liebe Grüße, auch an Heike und die Kinder.