Dienstag, 27. Mai 2014

27.5.2014 – Tag 17 – Von Montefiascone nach Viterbo


Link zu Routenflug mit Google-Earth: Von Montefiascone nach Viterbo

Ich kam heute etwas spät aus den Federn. Erst kurz nach 09.00 Uhr war ich auf der Piste. Es ging wieder rauf zur Rocca dei papi und auf der anderen Seite hinunter. Es fand sich zu Beginn das „Monumento al pellegrino“ mit dem schönen Hinweis: „Vergiss die Schritte die du gemacht hast, erinnere dich an die Spuren, die du hinterlassen hast.“
Ein letzter Blick auf den Bolsenasee.



Regen war für den Nachmittag vorhergesagt. Es sah aber von Beginn an schon ziemlich schlecht aus.
Und dann kam einer der Höhepunkte dieser dreiwöchigen Reise. Die gepflasterten Straßen aus Basaltstein, die schon 2.000 Jahre alt sind. Nicht zu glauben. Mein Großvater sagte ja schon immer: „Die Römer, die konnten Straßen bauen.“ Vor 2.000 Jahren auf jeden Fall.
Und ich muss sagen, es ging sich sehr gut auf diesem Pflaster, die ursprünglich achteckig waren. Es mag zwar kitschig klingen, aber ich musste einmal meine Hand auf so einen Stein legen und stellte mir vor, wie römische Legionen darüber marschiert waren.
 



Die Wolken wurden immer dunkler und mir schwante schlimmes, dafür gab es fantastische Motive. Nun ja, sofern meine kleine Taschenkamera damit nicht überfordert wurde.

 
In Montefiascone hatte bereits der Regen eingesetzt.


 
Mein Lieblingsbild bislang

 

Dann ging der Regen los. Als ich zu einem einsamen Gehöft kam, holte ich mein Regenzeug raus. Der Landwirt hat mich aber gleich in seine Garage reingeholt. Ich solle doch warten, bis der Regen vorübergezogen sei. Dieser Einladung kam ich gerne nach. Für die nächsten 30 Minuten schenkte ich ihm meine unbeschränkte Aufmerksamkeit, aber er sprach so schnell, so dass ich nur die Hälfte verstand. Jedenfalls habe er schon mehrmals Begegnungen mit Wildschweinen gehabt und habe deswegen einmal auf einen Baum klettern müssen. Mit den Biestern sei nicht zu spaßen. Nachdem die Regenfront vorüber gezogen war, bedankte ich mich per Handschlag bei ihm und machte mich wieder auf den Weg. Mille grazie a te.

Der Weg war furchtbar nass, schmutzig und rutschig. Mit den Schuhen musste ich heute nicht mehr auf eine Tanzveranstaltung.

Plötzlich tanzte ein Hauch bezaubernden Aromas um meine Nase herum. Unwiderstehlich zog mich der betörende Duft in seinen magischen Bann. War es wirklich schon soweit? Tatsächlich, ich hatte mich nicht getäuscht. Ich kam zu den Sergenti Termali. Zu den bekannten Schwefelbädern mit seinem Geruch nach faulen Eiern. 
Das Gelände war zwar umzäunt, aber ein Tor stand weit offen und da ging ich einfach hinein. Wie ich später erfuhr, ist eigentlich ein Eintritt zu bezahlen, da hatte ich wohl Glück heute.
Es waren 4 oder 5 Becken. Alle waren wunderbar warm, eines sogar heiß. Es tummelten sich etwas 20 – 30 Personen darin herum. Einige Hasen waren auch darunter, aber diesmal die zweibeinigen;-) Aber auch hier - wie bei den vierbeinigen - leider nur als kleine Punkte erkennbar (Tut mir leid Markus).

 
 
Ich traf dort den kräftigen Pilger, den ich bereits in Bolsena gesehen habe. Er heißt Marc und kommt aus Zug. Er hat schon mehrere ordentliche Wanderungen gemacht, was man ihm aufgrund seiner Statur gar nicht zutrauen würde. Respekt.
Es ging ein kühler Wind und so beschränkte ich meinen Aufenthalt auf ein Fußbad. Außerdem war ich nicht scharf darauf, meine gestern gereinigten Sachen nun nach Schwefel riechen zu lassen. Auch wenn ich länger hätte bleiben können. Ich musste weiter.

 


Kurz vor Viterbo schloss ich auf das italienische Paar auf, denen ich gestern die halbe Flasche EST EST EST gegeben habe. Durch die Porta Fiorentina gingen wir gemeinsam bis ins Zentrum. Dort luden sie mich auf einen Cappuccino ein, bevor wir uns verabschiedeten. Sie kommen aus Bologna und sind in Altopascio gestartet. Sie werden morgen per Abkürzung zwei Etappen machen, weil sie am Sonntag den Papst erleben wollen. Daher gab es gleich ein Abschiedsbild mit Alberto und Ginzia.
Während dieses Gespräches kam ich auf eine deprimierende Tatsache drauf. Ich habe immer gesagt, dass ich etwa 600 km gehen werde. Da hat sich in meine Excel-Tabelle offensichtlich ein Fehler eingeschlichen. Es dürften nur etwa 400 km sein. Sorry für die Übertreibung.
 



Ich habe mich in einem B&B eingemietet. Das Bad teile mich mit einem anderen Zimmer, aber bis zum Abend habe ich niemanden gesehen. Habe nun gleich meine Sachen gewaschen und meine Schuhe auf Vordermann gebracht, mit denen ich heute noch in eine Trattoria sollte.

Viterbo war im 12. und 13. Jahrhundert mehrfach der Papstsitz. Es kam hier auch zu mehreren Papstwahlen. Der Ausdruck Konklave stammt aus einer dieser Wahlen.
Bis in das Jahr 1273 wartete man 33 Monate lang auf ein Ergebnis. Bis es den Bürgern zu viel wurde. Ihr Volkshauptmann wurde gezwungen, das Gebäude zu verschließen. Um die Bischöfe noch weiter unter Zugzwang zu bringen, wurde dass Essen gekürzt und das Dach abgedeckt. Plötzlich ging es dann rasch voran und Gregor X. war neuer Papst. Das war also die Papstwahl "mit Schlüssel" oder auf Latein "cum clave" erreicht worden, die Bezeichnung für die Papstwahl ist geblieben.
Ich wohne ohnehin im historischen Komplex und schaute mich etwas um. Da ich aber noch ein Piazza mit Sonne fand, nützte ich die letzten 30 Minuten Sonnenschein und genoss ein "Spina media". Also ein Bier vom Fass mit 0,4 Liter. 
 
Gerade als ich ausgetrunken hatte, spazierte Marc vorbei. Er hatte noch den selben Weg geplant wie ich. Nämlich zur früheren Papstresidenz. Die hatten wir schnell erreicht. Die Wege waren kürzer als es der Plan zu vermeinen scheinte. Vorher noch ein Blick auf etruskische Mauerreste. Wie spielte sich das Leben damals wohl ab?
 
Die frühere Papstresidenz.


Marc war so freundlich und hat mich festgehalten. Dafür sollte ich ihn fotografisch als den "Gegenpapst" festhalten. Ein belesener Mensch mit Sinn für Humor.

 
Anschließend waren wir gemeinsam essen. Wir waren zwar die einzigen Gäste und der Meinung, dass es hier ein Pilgermenü zu einem Fixpreis geben würde. Wir haben uns preislich aber ziemlich getäuscht. Aber sehr gut gegessen, wunderbar unterhalten und an nichts vermissen lassen.
 
Ich bin mal gespannt ob ich ihn noch treffen werde. Er ist sich über seine nächsten Tage noch unsicher. Jedenfalls ein gescheiter Mensch, der mir noch viel erzählen konnte.
Als ich in meine Unterkunft zurückfand - GPS sei Dank - schaute ich zu meinem Fenster hoch. Neben meiner Wäsche die auf der Leine hing, sah ich noch Frauenwäsche. Also war inzwischen noch jemand angereist. Ich habe eine Person gehört, aber niemand gesehen.
Gute Nacht.
Der heutige Saluto speciale geht an…
Meinen Haus- und Hofhistoriker Karlheinz B. Der hätte bei den Basaltsteinen heute einen historischen Flashback bekommen.

6 Kommentare:

  1. Hallo Andi!
    Habe deinen Weg am Blog mit Spannung mit verfolgt. Deine Reise neigt sich langsam dem Ende zu. Ich muß sagen, Respekt, Respekt und nochmals Respekt. Ich wünsche, dass du deine Erwartungen und Ziele erreichen konntest. Jedenfalls wird das eine Nachhaltigkeit fürs Leben bringen. Alles Gute!,
    Eugen

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    1. Vielen Dank für die netten Worte. Meine Erwartungen haben sich jedenfalls erfüllt.
      Andi

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  2. Hallo Andi!
    Der Endspurt läuft. Genieße deine letzten "Kilometer" mit wunderschönen
    Eindrücken der Natur und der Stille. Freue mich auf ein Wiedersehen.
    Bis bald, deine urlaubsreife Frau ;)))))

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    1. Vielen Dank Lisi. Geht nicht mehr lange, dann sehen wir uns wíeder. LG Andi

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  3. Hallo Andi, schöne Bilder und ein wirklich lesenswerter und toll gestalteter Blog. Hoffe, Du hast es auch nach Rom geschafft.

    Herzlich
    Mark

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  4. Hallo Mark
    Natürlich ging es bis nach Rom. Du bist sicher auch dort angekommen. Hast du die zwei folgenden Etappen zusammengefasst?
    Der Alltag hat mich wieder voll gepackt und ich träume gerne zurück an diese drei Wochen!
    Gruß
    Andi

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