Samstag, 10. Mai 2014

10.5.2014 - Vor der Abreise


Morgen ist es endlich soweit. Es geht los. Ich werde in den nächsten etwa 3 Wochen von Lucca nach Rom marschieren. Wie es sich gehört mit dem notwendigen Pilgergepäck: Wenig im Rucksack und viel im Herzen.

Ich bin so froh darüber, dass ich es kaum beschreiben kann. Die vergangenen Jahre haben enorm viel Substanz verbraucht. So dass es allerhöchste Zeit geworden ist mich aus dem Alltag auszuklinken.

Morgen in aller Frühe fahre ich mit dem Zug nach Lucca, das ich in etwa 10 Stunden erreichen werde. Den nächsten Tag werde ich gleich einmal in dieser wunderbaren Stadt verbringen und mich akklimatisieren bevor ich die Tour starte. Die Stadt selbst verlangt natürlich ebenso ihre Aufmerksamkeit, der ich mich nicht verweigern möchte.

Aber am Dienstag geht es dann richtig los. San Miniato, San Gimignano, Siena, Monteriggioni usw. Die Namen selbst zergehen schon auf der Zunge. Und ich habe das große Vergnügen, mich voll und ganz dieser Freude hinzugeben!

Was wird mich erwarten?

18 Gehtage und ein paar wenige Reservetage stehen zur Verfügung. Einen dieser Tage erhält jedenfalls Siena, den Rest lasse ich auf mich zukommen. Abschließend stehen jedenfalls zwei Tage in Rom zur Verfügung. Der Rückflug ist für den 4.6. gebucht.

Ein paar Informationen zu meiner Wanderung:

Die Via Francigena oder der Frankenweg gilt als einer der ältesten Pilgerwege. Dass alle Wege nach Rom führen ist ohnehin bekannt. „Omnes viae romam perducunt“ ist der Leitspruch der VF.

Waren Jerusalem und Rom mit den Pilgergräbern von Paulus und Petrus über lange Zeit DIE Pilgerziele schlechthin, geriet der Weg nach Rom, nach der Entdeckung des Jakobusgrabes in Santiago di Compostella, ins Hintertreffen. Auch politische Unruhen und die Gefahr von Überfällen trugen dazu bei.  Die VF selbst wurde erst wieder so richtig bekannt, als in den 90er Jahren der Reisebericht des Bischofs Sigeric aus Canterbury gefunden wurde. Er wanderte im Jahre 990 nach Rom um seine Bischofsweihe zu erhalten und auf seinem Rückweg hatte er jene Ortschaften schriftlich festgehalten, durch die ihn seine Reise brachte. So kam der Weg wieder in Pilgerhände, respektive in Pilgerbeine. Von Canterbury bis Rom sind es etwa 3 Monate, ich werde mich mit den letzten 600 Kilometern zufrieden geben.

Mit Spannung habe ich in den vergangenen Jahren anderen Berichten gelauscht, vornehmlich jenen über den Jakobsweg. Aber als italophiler Mensch der ich nun mal bin, war für mich rasch klar, dass ich einen Weg in Italien gehen werde. Ein gut beschilderter Weg, der noch nicht von Pilgermassen überrannt wird. Und so kam ich bald auf die VF. Dass nun das Studium gänzlich abgeschlossen ist und auch die berufliche Reform halbwegs unter Dach und Fach ist, wird das Seinige dazu beitragen, dass ich mich diesem Erlebnis gänzlich hingeben kann.

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, alleine zu gehen. Meine Familie hat mir im Vorfeld zugesichert, dass sie Verständnis für meine Reise aufbringt und ich bin ihnen unendlich dankbar dafür, dass sie mir diese Freiheit zugestanden haben. Und dann sollte ich natürlich nicht unerwähnt lassen, dass Lisi und ich heute den 23. Hochzeitstag feiern und diesen Tag noch entsprechend genießen werden.

Was sind meine Fragen für das Bevorstehende?

-          Werde ich froh sein, in Rom anzukommen? Oder werde ich bedauern, nicht mehr weitergehen zu können?

-          Wann kommt der erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Alleingehens? Ich tippe auf Tag 3.

-          Wann werde ich mich an das tägliche Gehen gewöhnt haben? Ich tippe auf Tag 6.

-          Wird mich einer dieser italienischen freilaufenden Hunde zerfleischen? Pfefferspray ist jedenfalls griffbereit eingepackt.

-          Werde ich das „Freigehen“ spürbar erleben und wird sich das auch in die erwartete Erholung niederschlagen?

Der Rucksack ist gepackt. Das Gewicht liegt nach verschiedenem Hin und Her nun bei ca 9 kg, ohne Getränke. Ich war selber überrascht dass ich mit so wenig auskommen werde – zumindest hoffe ich, dass meine Einschätzung richtig ist. Das bedeutet aber auch, dass das Handwaschmittel regelmäßig seine Fähigkeit unter Beweis stellen muss.

Ihr werdet vermutlich jeden Abend oder am nächsten Morgen einen Eintrag in diesem Blog finden. Wenn nicht, dann macht euch keine Sorgen. Entweder bin ich hundemüde und schlafe schon oder ich habe mich scharfsinnig dafür entschieden, den Abend lieber bei einem Glas Chianti Classico auf einer Piazza zu verbringen und mich vom „dolcefarniente“ treiben zu lassen.

Ich hoffe, ich kann euch Daheimgebliebenen jeden Tag mit den notwendigen Informationen versorgen und dem arbeitenden Volk ein bisschen an meiner Freiheit teilhaben lassen.

Bis bald und Ciao.

Andi

 
 
Dieser Wimpel am Rucksack wird mich als Rompilger ausweisen. Und hoffentlich die eine oder andere freundliche Hilfe bescheren.
 
 
 
 Der Pilgerpass ist auch bereit. Zur Zeit natürlich gänzlich jungfräulich. Das soll sich aber bald ändern.
 


Anmerkung:

Einige Informationen werde ich aus folgenden Quellen entnehmen, deren Lektüre ich zukünftigen VF-Pilgern getrost nahelegen kann.

Bode Jochen, Via Francigena – Frankenweg; Eine Pilgerreise durch Mittelitalien.

Jostmann Christian, Nach Rom zu Fuß.

Weinlich Edith A., Mein Pilgerweg nach Rom.

 

2 Kommentare:

  1. Hallo Andi,
    wir wünschen Dir einen guten Start in eine Reise mit vielen tollen Eindrücken, wunderbaren Momenten, guter Erholung und Füßen, die Dich nicht im Stich lassen. :-)
    Liebe Grüße
    Hubert und Ingrid

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  2. Ich wünsche dir eine schöne Reise, Andi. Und denk dran: Das sind keine Blasen. Das sind Außentanks...
    LG
    Günther

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